Aubergine Paradox II Ausstellung

Ausstellungsansicht
Ausstellung „Aubergine paradox“ Galerie Richter
„Anstatt nur über kleine, gute Dinge zu lesen und sie auf Bildern anzustarren, fangen wir jetzt endlich, nach langer Pause wieder an, sie zu kochen, das Beste in uns selbst wiederzuentdecken und es festzuhalten.“ (Anthony Bourdain)

ERÖFFUNGSREDE

Kuris Rede zur Ausstellungseröffnung am 4.11.2019

EINGANG ZUR GALERIE

zwischen den Pflanzen sieht man das Bild „grinsende Tomaten"

GRINSENDE TOMATEN

drei grinsende Tomaten (groß), 21/29,7, 2016 Aquarellfarben mit Pinsel und Ausziehtusche (Feder) auf Werkdruckpapier

EINGANGSRAUM

Banane im Strumpf und Zucchini im Strumpf, Fotos

AN DER BAR

Spargelgläser und Auberginen, Traditionsbouletten

SPARGELGLÄSER

Fermentierte Spargel in Gläsern, beleuchtet

BERLINER ZIMMER

Blick in den hinteren Raum der Galerie

AUSSTELLUNGSANSICHT

rechte Seite

AUSSTELLUNGSANSICHT

rechte Seite, Schweinefuß, Aubergine, Bratwurst, Video „Würstchenhimmel“

ESSECKE

Foto: „Spargel im Glas“

linke hintere Ecke

LINKE SEITE

Bananen- und Wurstzeichnungen

linke hintere Ecke

LINKE SEITE

Sofa von Kuri, fette Aubergine, Kartoffeln, Croissant, vertrocknete Banane, Pitahaya

Adolfo Assor spielt Tschechow

ADOLFO ASSOR

spielt Tschechow am 11.10.2019

linke Seite

JENSUS AND THE STOLEN MOMENTS

beim Eröffnungskonzert 4.10.2019

Konzert Jensus

JENSUS AND THE STOLEN MOMENTS

beim Eröffnungskonzert 4.10.2019

Bernhard Wöstheinrich, Volker Lankow

BERNHARD WÖSTHEINRICH UND VOLKER LANKOW

Konzert am 18.10.2019

Volker Lankow

VOLKER LANKOW

Beim Konzert am 18.10.2019

BERNHARD WÖSTHEINRICH

beim Konzert am 18.10.2019


Christine Kriegerowski befasst sich voller Appetit mit Lebensmitteln. Sie geht einkaufen, zeichnet, fotografiert und kocht. Hier stehen wir den gezeichneten und abgelichteten Ergebnissen gegenüber. In ihren aktuellen Obst- und Gemüsestilleben hält sie absonderlich aussehende Tomaten, Zucchini oder Pflaumen fest, schaut genau auf Knollen, porträtiert eigenartig verpackte Paprika oder schon verschimmelte Pithahayas – noch bunter als sie von sich aus sind.

Die Arbeiten mit Fleisch und Wurst sind älter, von 1996, sie gehen auf ein gemeinsames Projekt mit dem Autor Ulrich Schlotmann zurück, „die Häute und ihr Metall“. Kriegerowski illustrierte die geschlachtete Prosa mit ihren Impressionen von Wurst. Neben ganzseitigen Schnitten durch Zungenwurst, Grillschnecken und Würstchenhaufen entwickelte sie Wursthybride. Statt des Zipfels haben die eine Brustwarze – wo die Wurst doch männlich konnotiert ist. Eine hat sogar zwei Brustwarzen mit Piercings.

WURSTTITTE

Wursttitte 40/50, 1997 Tempera auf Zeichenkarton

WURSTPIERCING

Wurstpiercing, 40/50,1997 Tempera auf Zeichenkarton

WÜRSTCHENHAUFEN

Würstchenhaufen, 40/50 cm,1997, Tempera auf Zeichenkarton

TRADITIONSBOULETTE

zwei eingeschweißte Buletten, Vorderseite, 29,7/21, 2016, Aquarell auf Werkdruckpapier

TRADITIONSBOULETTE

zwei eingeschweißte Buletten, Rückseite, 29,7/21, 2016, Aquarell auf Werkdruckpapier

BLUTWURST

Blutwurst, 29,7/21cm, 1997, Tempera auf Kopierpapier

BLUTWURSTSCHEIBE

Blutwurstscheibe, 38/26,5 cm, 1997,Tempera, Siebdruckabdeckfarbe auf Kopierpapier

ROHE BRATWÜRSTE

rohe Bratwürste, 29,7/21 cm, 2017, Aquarell auf Werkdruckpapier

WURSTPAAR UND WURSTGESICHT

Wurstpaar und -gesicht, 39,5/26 cm, 1997, Tempera auf Zeichenkarton

WURSTPAAR UND WURSTGESICHT

Wurstpaar und -gesicht, 34/24 cm, 1 von 4, 1997, Probedruck, Offset


Die Kartoffelzeichnungen sind für den Comic „Atomreligion“ entstanden, der Künstler Karl Heinz Jeron, einer der Koautoren, machte damals Musik mit Gemüse. Im Comic ist sein Bauplan für ein Musikinstrument mit Erdäpfeln abgebildet.

Christine Kriegerowski experimentiert mit Verpackungen. Bananen zieht sie Netzstrumpfhosen an, was typischerweise als erotisierend gilt, funktioniert das auch bei der Deutschen liebstem Obst? Werden die bestrumpften Lebensmittel zu Chiffren für den weiblichen Körper oder zu Punks – Ausgerechnet Bananen? Sie knüpft eine Aufhängungsvorrichtung aus Makramée für Zucchini und dokumentiert zeichnerisch und fotografisch.

Jetzt sind die twerkenden (twörkenden) Auberginen dran. Da haben wir endlich unser Paradox. Den Scheinwiderspruch. Die Aubergine ist ja bekanntlich das Emoji für Penis. Wir fragen uns warum, Gemeint ist die eher längliche asiatische Aubergine. Nicht unsere Eierfrucht.

 

FETTE AUBERGINE

fette Aubergine, dunkelblau 29,7/42, 2016, schwarze Zeichentusche und Aquarellfarbe auf Werkdruckpapier

SECHSFACHAUBERGINE

eine Aubergine, die sechs werden wollte, 21/29,7, 2019, schwarze Zeichentusche und
Aquarellfarbe auf Werkdruckpapier

ZWEI AUBERGINEN

2 Auberginen, hellila 42/29,7, 2019, schwarze Zeichentusche und
Aquarellfarbe auf Werkdruckpapier

ZWEI AUBERGINEN, DUNKELBLAU

2 Auberginen, dunkelblau 29,7/42, 2016, schwarze Zeichentusche und Aquarellfarbe auf Werkdruckpapier

DREI AUBERGINEN

3 Auberginen, dunkelblau 29,7/42, 2016, schwarze Zeichentusche und Aquarellfarbe auf Werkdruckpapier

TWERKING AUBERGINES 1

2 twerkende Auberginen a, 29,7/21,2015, Aquarell auf Werkdruckpapier

TWERKING AUBERGINES 2

2 twerkende Auberginen b, 29,7/21, 2015, Aquarell auf Werkdruckpapier

TWERKING AUBERGINES 3

4 twerkende Auberginen, 29,7/21, 2015, Aquarell auf Werkdruckpapier

TWERKING AUBERGINES 4

1 twerkende Aubergine 29,7/21, 2015, Aquarell auf Werkdruckpapier

GEGRILLTE AUBERGINE

gegrillte Aubergine 29,7/21, 2016, schwarze Chinatusche und Aquarell auf Werkdruckpapier

Bei Paradox fällt mir Kaffee Keese ein. Erinnert ihr euch an den Ball paradox? Das Online Lexikon „www.lechzen.de“ (Motto: Lechzen wir nicht alle nach Liebe, Erotik & Sex?) erklärt ihn so: „Eine Tanzveranstaltung, bei der die Damen die Herren auffordern durften. Meist eine sehr erotische Angelegenheit, weil die meisten Damen recht willig waren, mit den Tanzpartnern später das Bett zu teilen.“ Man könnte meinen, die nicht ganz geraden Nachtschattengewächse bewegten sich „in sexuell provozierender Weise mit stoßenden Hüftbewegungen und einer tiefen, hockenden Haltung“.

Hier könnte ich noch über den milchsauer fermentierten Spargel nachdenken, haltbar gemacht nach Art des Sauerkrauts. So eine – jetzt tatsächlich – an einen Penis erinnernde Konserve könnte dem empfindsamen Betrachter ein wenig Angst machen. Aber es ist doch Präsentation, ein Experiment mit Gemüse. Eine Feier seiner schönen Form, die es lohnt, bewahrt zu werden.

Der Koch Antony Bourdain (Burdejn) denkt in einem Essay von 2001 in New York, kurz nach dem Trauma des 11. September über Fresspornografie nach und legt am Ende, unter Schock, Wert auf das Heilende und Lindernde des Essens: „So wie wir in den 50ern nur über Sex lasen, und uns in den 60ern, 70ern und frühen 80ern seinen Freuden hingaben, nähern wir uns vielleicht auch jetzt einem Scheideweg: Anstatt nur über kleine, gute Dinge zu lesen und sie auf Bildern anzustarren, fangen wir jetzt endlich, nach langer Pause wieder an, sie zu kochen, das Beste in uns selbst wiederzuentdecken und es festzuhalten.“

Wir sollten nicht pathetisch werden oder mit dem Spielen aufhören. Bourdain sagt an anderer Stelle „Ohne zu experimentieren, die Bereitschaft, Fragen zu stellen und neue Dinge auszuprobieren, werden wir sicherlich statisch, repetitiv und sterben“

Und passt mir auf diesen Planeten auf, hier gibts Blutwurst und andere leckere Dinge ohne Zahl.